2. April 2014

In Gedenken an, 2008/2009

57 s/w Laserprints, 29,7 x 42 cm, gerahmt, Sammlung Zeitgenössischer Kunst der Bundesrepublik Deutschland
Ausstellung »Old School«, Kunsthalle zu Kiel, 2013

















Die Arbeit besteht aus Reprints von 29 Jahreskalendern aus den Jahren 1961 bis 1989 – dem Zeitraum des Bestehens der Berliner Mauer. Die Beilagen aus verschiedenen Zeitungen der DDR enthalten neben offiziellen Informationen, z.B. staatlichen Gedenk- und Feiertagen, auch private Eintragungen ihrer ehemaligen Besitzer. Diesen zwei Arten von Informationen habe ich eine dritte hinzugefügt: die Namen der Opfer der Berliner Mauer – Menschen, die bei Fluchtversuchen an der Mauer erschossen wurden oder in Folge von Verletzungen starben, die sie sich im Grenzgebiet zugezogen hatten. Unter den Opfern befinden sich DDR-Bürger, Grenzsoldaten, aber auch Erwachsene und Kinder aus West-Berlin. Der Arbeit liegt die Liste der Todesopfer an der Berliner Mauer zu Grunde, veröffentlicht vom Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam und der Stiftung Berliner Mauer (Stand 2009).




















 
»Die Mahnung an die Endlichkeit des Daseins im Bild, das dessen Flüchtigkeit festzuhalten sucht, ist eine wesentliche Funktion der Bildkultur – ob in öffentlichen Denk- und Mahnmälern oder im individuellen Dasein. Die Form, in der jeder einzelne und damit eine ganze Gesellschaft Erinnerungen artikuliert, ist wesentlich für die Konstruktion von Gegenwart und die Blickrichtungen von Zukunftsvisionen. Die Künstlerin Ulrike Kuschel (*1972, Berlin, DE) interessiert sich für Formen der Erinnerung, für die Mechanismen staatlicher und privater Gedenkkultur und geht vornehmlich von historischem Quellenmaterial, Schriftstücken und Bildern aus, wenn sie sich beispielsweise der Verknüpfung individueller Lebenswirklichkeit und staatlicher Herrschaft im Nationalsozialismus oder in der DDR widmet. Ihre seriellen Werke wirken wie historische Dokumente, eine erkennbare Handschrift der Künstlerin tritt zunächst hinter den historischen Ereignissen zurück, denen sie sich widmet. Kuschel stellt damit auch die Frage nach der Glaubwürdigkeit von Dokumenten und der Faktizität von Geschichte (…).«

Anette Hüsch, Old School. Anachronismus in der zeitgenössischen Kunst, im gleichnamigen Katalog, Kunsthalle zu Kiel, 2013, S. 7.